Interview mit Markus Dittrich

1. Seit wann sind Sie Autor von Bibi und Tina, Bibi Blocksberg und Benjamin Blümchen und wie sind Sie dazu gekommen?

Mein erstes Script für KIDDINX schrieb ich 2001, und zwar „das Walbaby“ für Benjamin Blümchen. Es folgten einige Trickfilme für Bibi sowie für Bibi & Tina. Das geht bis heute. Gleichzeitig schreibe ich seit 2005 die Hörspielserie für Bibi & Tina.

Das kam so: Ursprünglich aus Hamburg, habe ich an der Filmhochschule Potsdam Drehbuch und Dramaturgie studiert, einer Schule, die damals in den Neunzigern eine sehr gute Drehbuchklasse hatte. Ab 1996-1998 habe ich dann bei hör+lies (der alte Name von KIDDINX) in der Redaktion gearbeitet und die erste Staffel der Bibi-Zeichentrickserie als Redakteur betreut. So lernte man sich kennen und blieb in Kontakt.

Foto von Markus Dittrich

2. Welche Freiheiten haben Sie beim Schreiben und an welche Dinge müssen Sie sich bei Ihren Geschichten halten?

Nun, Freiheit ist etwas, was man sich nimmt :-). Ein kluger Kopf sagte mal, Freiheit sei immer die Freiheit des anderen. Die anderen sind in dem Fall Benjamin, Bibi und Tina. Ihr Charakter, ihre Welt und ihre Sprache sind genau festgelegt. Wer das als Autor nicht akzeptiert und aus Benjamin – zum Beispiel – eine Actionfigur macht, der sitzt im falschen Film. Genauso, wenn aus Bibi & Tina plötzlich zwei hormongeplagte Teenager werden. Das haut nicht hin, hier muss man also aufpassen.

Wenn man aber die Spielregeln beachtet, ist ein hohes Maß an Freiheit beim Schreiben der Stories möglich, sehr viel mehr als bei anderen Serien. Und zwar deswegen, weil man von der Idee bis zum fertigen Script der alleinige Autor seiner Geschichte ist, anders als bei den meisten Soaps oder Weeklys im Fernsehen. Meistens gehe ich in der Ideenphase nach dem Prinzip vor: Weglassen kann man immer.



3. Welche Form wird zuerst geschrieben: das Hörspiel-Skript, das Drehbuch für eine Zeichentrick-Folge oder ein Buch?

Weder noch. Die Filme und die Hörspiele werden inzwischen getrennt entwickelt, denn die Erfahrung hat gezeigt, dass im Film andere Sachen toll sind als im Hörspiel und umgekehrt. Im Trickfilm müssen die Dialoge knapp sein, dafür man braucht jede Menge filmischer Ideen und Gags, ein gewisses Tempo. Im Hörspiel reicht oft eine einfache Handlung, dafür muss man hier bei den Dialogen mehr in die Tiefe gehen. Nicht jede Geschichte ist für beides geeignet. Das bedeutet, dass man die Geschichten von vorne herein anders schreibt.

Die Schneider-Bücher sind dagegen Adaptionen der Hörspiele, kommen also tatsächlich in einem zweiten Schritt. Der Kollege Theo Schwartz folgt hier genau der Handlung der Hörspiele und „schreibt sie aus“. Er leistet gute Arbeit.



4. Wieviele Geschichten entstehen von den Serien pro Jahr?

Das kommt drauf an wie man zählt. Ob Sie nur die Hörspielserien meinen, nur die Trickfilmserien oder beides zusammen... und ob man nur die aktuelle Veröffentlichungen zählt oder auch die Geschichten, an denen man noch arbeitet. Gerade die Filme brauchen oft lange Entwicklungszeiten, da muss ja nicht nur jemand wie ich das Drehbuch schreiben, da müssen Hintergründe, Character-Designs sowie Storyboards entworfen werden, Filmmusik komponiert, und, und und. Bei den Hörspielen kann man sich das so vorstellen: Im gleichen Jahr, in dem Folge A, B und C in die Läden kommt, nehmen die Schauspieler bereits D, E und F auf, derweil schreibe ich schon an G, H und I ...




5. Woher nehmen Sie die Ideen für Ihre Geschichten und was ist Ihnen in der Handlung besonders wichtig?

Fantasie ist das Wichtigste. Wie man darauf kommt? „Every face tells a story“ heißt es in einem Popsong. Viele, viele Dinge können der zündende Funke für eine Geschichte sein: ein Foto, eine Erinnerung, ein Zeitungsartikel. Eigentlich alles, wenn man der eigenen Fantasie vertraut. Für einen wie mich ist das seit jeher normal, seit meinen ersten Comics mit acht Jahren.

Entscheidend ist dann die konkrete Idee. Beispiel: Wir hatten einmal das Thema „Ungarn“. Okay. Jetzt wäre es aber megadoof gewesen, Bibi und Tina nur wie zwei Touries durch die Gegend reiten zu lassen. Also, wo lag die Geschichte...? Ich zerbrach mir den Kopf. Dann las ich etwas über Wölfe und dass viele von denen in Ungarn leben und die Menschen sie hassen. Da hatte ich die Idee, es wäre doch stark, wenn sich Bibi und Tina mit einem einsamen Wolf anfreunden, der von den Erwachsenen gejagt wird und der am Ende ein besonderes Geheimnis hat.

Wichtig ist mir, dass meine Figuren in Bewegung sind, vom Tun her und vom Fühlen. Sie müssen in die Zwickmühle geraten, sich entscheiden, Fehler machen, Risiken eingehen. Alles muss auf einen großen Moment hinauslaufen – bei Bibi und Tina meistens der große Moment der Freundschaft, das Gefühl, das „jetzt alles wieder gut“ ist.
Und – Humor kann auch nichts schaden. :-)




6. Was macht für Sie den besonderen Reiz der Bibi und Tina-Geschichten aus?

Das innere Kind zu finden. Bibi und Tina bedeutet ewige Kindheit. Wirkliche Menschen werden älter und älter, aber Bibi und Tina werden immer Kinder sein!

7. Halten Sie die Hörspiele bzw. die Welt um Bibi, Tina und Benjamin für pädagogisch wertvoll?

Also, der Zeigefinger bleibt draußen! Das ist übrigens nicht nur meine Meinung, denke ich. Ich selbst gehe noch einen Schritt weiter: Ich finde, dass Kinder frei sein müssen! Also bitte kein Lehrprogramm!

Aber abgesehen davon glaube ich, dass gerade Figuren wie Benjamin und Bibi durch ihren Optimismus Kindern eine positive Haltung zum Leben zeigen. Man kann alles schaffen, wenn man an sich selbst glaubt.


Vielen Dank für das nette Interview, Herr Dittrich.

Markus Dittrich kommt aus Hamburg und lebt als freier Autor in Berlin. Er schreibt Romane für Erwachsene und Songs. Er spielt als Hobby in einer Rockband Schlagzeug. Es sei angemerkt, dass Herr Dittrich kein Angestellter oder offizieller Sprecher von Kiddinx ist. Das Interview ist rein persönlich.

Verfasser: Malte Köhne, 10/2014

 
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